5. September 2019

Liberaler Standpunkt zur Klimadebatte

FDP-Grossratsfraktion des Kantons Aargau

Erarbeitet durch die FDP-Fraktion im August/September 2019

FDP: Klima- und Umweltschutz mit Wirkung

Schon vor vielen Jahren engagierte sich die FDP mit gezielten Vorstössen für steuerliche Erleichterungen beim Bau von Photovoltaikanlagen. Ebenso engagieren sich die Freisinnigen seit Jahrzehnten in Umweltfragen – insbesondere im Aargau, wo zum Beispiel der Auenschutzpark eine freisinnige Errungenschaft ist. Ferner war die FDP federführend in diversen Umweltprojekten wie bei der Einführung des Schutzdekrets für den Hallwilersee. Diese Naturgebiete tragen zum Klimaschutz bei, indem sie als Kohlenwasserstoffspeicher CO2 aus der Luft binden. Die FDP Aargau wird sich auch weiter dafür einsetzen, dass im Kanton Aargau zusätzliche Schutzgebietsflächen ausgeschieden werden. Die freisinnigen Bau- und Umweltdirektoren haben sich stets mit griffigen, konkreten Massnahmen gezielt für eine nachhaltige Umweltpolitik eingesetzt. Der Neubau von Strassen mit Recyclingmaterial ist diesbezüglich ein weiteres, hochaktuelles Beispiel.

Die Freisinnigen sind weit und stark in den Behörden und Verbänden verankert und aktiv. Viele Freisinnige engagieren sich in Natur- und Vogelschutzvereinen. Die FDP als grosse und breit abgestützte Partei erzielt Wirkung. Sie setzt konsequent um, was sie ankündigt und verbreitet keine Träume.

Angesichts der derzeitigen Flut von Vorstössen verzichtete die freisinnige Fraktion auf zusätzliche Eingaben. Der Regierungsrat hat die Federführung zu übernehmen und den Bogen über sämtliche Departemente und die vorhandenen Strategien zu spannen.

Dazu soll ein Entwicklungsschwerpunkt im Aufgaben- und Finanzplan 20-23 aufgenommen werden. Die FDP-Fraktion unterstützt dieses Vorgehen ausdrücklich. Sie erwartet, dass damit die Aktivitäten im Bereich des Klimaschutzes und der Anpassung an den Klimawandel koordiniert und dokumentiert werden. Die Massnahmen sind kantonsübergreifend darzustellen.

Strategische Leitlinien

  1. Die FDP Aargau unterstützt das Pariser Klimaabkommen mit dem CO2-Reduktionsziel von 50 Prozent gegenüber 1990.
  2. Die FDP Aargau stellt eigenverantwortliches Handeln vor staatlichen Zwang. Notwendige Massnahmen sind nach dem Grundsatz der ökologischen, ökonomischen und sozialen Nachhaltigkeit zu definieren.
  3. Die FDP Aargau beachtet die innerstaatliche Kompetenzordnung und konzentriert sich auf die Erhaltung der Biodiversität und die energetischen Verbesserungen der Gebäude im Kanton Aargau. Sie verzichtet auf blosse Worthülsen ohne konkrete Resultate.

Die FDP-Fraktion anerkennt den Klimawandel als globale Herausforderung. Sie unterstützt das Pariser Abkommen und damit das Ziel, den Ausstoss von Treibhausgasen bis 2030 um 50 Prozent gegenüber 1990 zu senken. Die Schweiz hat ihre Verpflichtungen zur Umsetzung dieses Ziels unbestritten zu erfüllen.

Die FDP Aargau verfolgt neben der ökologischen stets auch eine ökonomische und eine soziale Nachhaltigkeit. Sämtliche Massnahmenprogramme sind an diesen drei Leitlinien auszurichten. Realpolitik bedeutet harte politische Arbeit und muss beim Umbau der Energieversorgung die Zielkonflikte zwischen Versorgungssicherheit, Umweltschutz und Wirtschaftlichkeit lösen. Symbolpolitik und planlose Hektik bringen weder dem Klima einen Nutzen, noch werden sie von der Bevölkerung akzeptiert. Die komplexe und vielschichtige Thematik erfordert überlegtes Handeln und umsetzbare Lösungsansätze, die sämtliche Auswirkungen einbeziehen.

Jede Staatsebene hat ihre Zuständigkeiten und Aufgaben:

Im Sinne des Klimaschutzes besitzt der Bund mit dem CO2-Gesetz den grössten Hebel für eine wirksame Klimapolitik. Ausserdem setzt sich der Bundesrat in internationalen Gremien für wirksame globale Massnahmen ein.

Kantone und Gemeinden können unter anderem im Bereich Raumplanung und Umwelt zur Erhöhung der Biodiversität oder zur Renaturierung von Gewässern beitragen. Den Kantonen kommt die Verantwortung für die Förderung der energetischen Sanierung des Gebäudeparks zu.

Daneben ist das Engagement der Verbände und Unternehmen sehr wichtig. Diese reduzieren ihre Emissionen durch einen effizienten Ressourceneinsatz und treffen branchenübergreifende Massnahmen. Schliesslich steht es in der Verantwortung der Bevölkerung, die Umwelt nicht unnötig zu belasten.

Dabei gilt es festzuhalten:

  • Die Schweiz hat den CO2-Ausstoss seit 1990 trotz massivem Bevölkerungswachstum gesamthaft um 12 Prozent gesenkt.
  • Laut Energie-Agentur der Wirtschaft erzielen die Aargauer EnAW-Teilnehmerunternehmen mit diversen Massnahmen eine Reduktionswirkung von jährlich 50’700 Tonnen CO2.
  • Aargauer Unternehmen sind innovativ. Zwei Beispiele:
    • Das Zementwerk Siggenthal produziert einen ressourcenschonenden Zement aus hochwertig aufbereitetem Mischgranulat, spart damit im Vergleich zu einem Massenzement 10 Prozent CO2 ein und schliesst den Baustoffkreislauf vollständig. Die Abwärme des Zementofens wird als Fernwärme für hundert Haushalte verwendet.
    • Eine wachsende Anzahl Firmen stellt um auf CO2-neutrale Fahrzeugflotten.

Handlungsfelder

Von den strategischen Leitlinien lassen sich drei Handlungsfelder ableiten, in denen die Massnahmen konkretisiert werden.

Handlungsfeld 1: Eigenverantwortung leben

An erster Stelle steht die Eigenverantwortung der Menschen und Unternehmen. Sie hinterfragen ihr Konsumverhalten, ihren Umgang mit der Umwelt und tragen mit einem bewussten Umgang mit Ressourcen ihren Teil dazu bei, Veränderungen zu erzielen.

Dazu stehen folgende Massnahmen im Vordergrund:

  • Energetische Sanierung des Gebäudeparks durch Energieeffizienzstandards und steuerliche Anreize
  • Berücksichtigung Emissionsreduktion in der internationalen Produktionskette › Nützliches Konsumverhalten, z.B. durch verbesserte Information und Transparenz, Vermeidung von Foodwaste
  • Klärung der Regulierungskompetenzen zwischen Bund und Kantonen für die beschleunigte Modernisierung der Infrastruktur

Zahlreiche FDP-Behördenmitglieder und Verbandsfunktionäre setzen sich im Kanton Aargau für mehr Umweltschutz, mehr Biodiversität und einen effizienten Ressourceneinsatz ein. FDP-Umweltpolitik ist konkret und in den Gemeinden und Regionen erlebbar.

Unternehmerinnen und Unternehmer setzen seit Jahren auf Branchenlösungen zur Reduktion von Emissionen - und dies mit grossem Erfolg. Diejenigen Branchen, die seit Jahren auf Branchenlösungen setzen, haben den CO2-Ausstoss am stärksten reduzieren können. Wesentliche Fortschritte sind bereits im Gebäudebereich erfolgt.

Handlungsfeld 2: Innovation und Fortschritt fördern

Innovation und Fortschritt, neue Technologien sind der Schlüssel zum Erfolg. Oft sind Umweltprobleme Anreize für Einzelne, die Gesellschaft und verantwortungsvolle Unternehmen. Innovation und Fortschritt als Qualitätsmerkmale des Wirtschaftsstandorts Schweiz dienen der Treibhausgasreduktion weltweit. Gute Rahmenbedingungen schaffen den Unternehmen den nötigen Gestaltungsraum.

Dazu stehen folgende Massnahmen im Vordergrund:

  • Beschleunigte Verbreitung von intelligenten Steuerungs- und Messinstrumenten (Smart Meters)
  • Verzicht von Technologieverboten und Technologiegeboten › Ausbau der bestehenden und Erforschung neuartiger Antriebssysteme, Stromproduktions- und Speichertechnologien
  • Schaffen von Pilotartikeln, welche die Erforschung neuer Technologien unbürokratisch vorantreiben

Den grössten Effekt für das Weltklima haben Innovation und Fortschritt – Bereiche, in denen die Schweiz und der Aargau Weltspitze sind. Gelingt es den vielen Hightech-Unternehmen im Kanton Aargau, ihre neuen, effizienten Technologien zu exportieren, so erreichen sie eine spürbare und viel grössere Wirkung auf das Weltklima als lokale Mikro-Massnahmen.

Handlungsfeld 3: Kostenwahrheit schaffen

Kostenwahrheit und Verursacherprinzip wirken als bedeutsame Prinzipien auf die individuelle Freiheit ein. Abgabenerträge aus möglichen Lenkungsabgaben sollen vollständig an die Wirtschaft und Bevölkerung zurückfliessen; sie dürfen die Staatsquote nicht erhöhen. Gerechtfertigt sind jene staatlichen Interventionen, die zur Gestaltung der Zukunft, zur Nachhaltigkeit unvermeidbar sind oder Bereiche betreffen, die keinem Einzelnen zugerechnet werden können oder dürfen.

Dazu stehen folgende Massnahmen im Vordergrund:

  • Verdeutlichung der Zielvereinbarungssysteme für mehr Energieeffizienz und CO2-Reduktion
  • Gesamtkonzept für Anpassung des Verursacherprinzips auf Schiene und Strasse
  • Sichtbarmachung von CO2-Emissionsmengen für den Endkonsumenten

Wo die Eigenverantwortung an ihre Grenzen stösst, kann mit marktbasierten Instrumenten wie dem Emissionshandel dem Klima ein Preis gegeben werden. Klimaschonendes Verhalten wird sich dann lohnen. Alternativ kann diesem Zweck auch eine monetäre Lenkung dienen. Sie soll belastungsneutral ausgestaltet sein, d.h. zu 100 Prozent an Bevölkerung und Wirtschaft zurückfliessen, um keine zusätzliche Steuer zu generieren. Zudem muss sie tatsächlich lenkend wirken und darf nicht lediglich eine symbolische Ablasshandlung darstellen. Die Bundesverfassung sieht dies als Bundesaufgabe vor.