Ein Wiedersehen von Ehemaligen am früheren politischen "Tatort" - Die FDP-Seniorinnen und -Senioren besuchten den Grossen Rat

Für die meisten der rund 40 beteiligten FDP Seniorinnen und Senioren war der Besuch der jüngsten Grossratssitzung eine erstmalige Erfahrung – wogegen er für einige ehemalige Parlamentarierinnen und Parlamentarier eine Rückkehr an den früheren politischen "Tatort" bedeutete. Dieses Wiedersehen fädelte der Fricktaler Grossrat und ehemalige Grossratspräsident Bernhard Scholl ein. Er organisierte nicht nur den Parlamentsdienst für die Einführung in den Ratsbetrieb und eine Besichtigung des 1832 bezogenen Grossratsgebäudes, sondern auch den freisinnigen Ratspräsidenten Lukas Pfisterer und den Fraktionschef Silvan Hilfiker für Grussworte sowie die Staatsschreiberin Joana Filippi für einen Abstecher ins benachbarte Regierungsgebäude mit einem Einblick in das Sitzungszimmer des Regierungsrates.

Im Keller des Grossratsgebäudes, in dem einst das Staatsarchiv untergebracht war und letztes Jahr ein gediegenes Rats-Café entstand, wurden die FDP-Seniorinnen und Senioren zum Schluss des Besuchs vom Grossratspräsidenten Lukas Pfisterer (ganz links) und Fraktionschef Silvan Hilfiker (ganz rechts neben Ursula Brun Klemm, der Präsidentin der Senioren-Gruppe) zu einem Apéro begrüsst.

Die präsentablen Regierungs- und Grossratsgebäude bilden mit der Kantonsbibliothek den sogenannten Regierungsbezirk. Aber die stark gewachsene Staatsverwaltung ist längst auf mehrere Standorte und Dutzende Liegenschaften verteilt. Keiner der fünf Regierungsräte residiert mehr im Regierungsgebäude, die Staatschreiberin ist die faktische Hausherrin.

Dass sich das Grossratsgebäude leicht erhöht gegenüber dem Regierungsgebäude erhebt, mag Zufall sein, doch falls es sein Initiant, der machtbewusste Johann Herzog von Effingen, bewusst so geplant haben sollte, hätte er damit der staatspolitischen Rangordnung subtil Ausdruck verliehen. Das Gebäude, als erster kantonaler Ratssaal der Schweiz im Halbrund erstellt, ist baulich nicht stark verändert, aber in jüngerer Zeit digital ausgerüstet worden.

Digitalisierung prägt den heutigen Ratsbetrieb

Die Digitalisierung war das Merkmal, das früheren Ratsmitgliedern beim Besuch besonders auffiel. Bis auf vier Personen hatten sämtliche Parlamentarierinnen und Parlamentarier einen Laptop vor sich – und alle schienen damit beschäftigt. Die Ratsmitglieder sassen deswegen erstaunlich diszipliniert an ihren Plätzen, es wurde viel weniger zirkuliert und untereinander diskutiert und der Lärmpegel war unvergleichlich kleiner als einst. Apropos Disziplin: die Sitzung begann pünktlich und die Einhaltung der vorgegebenen Redezeiten wurde strikt angemahnt. Alte Hasen stellten zudem fest, dass es keine Stimmenzähler mehr gibt, es wird elektronisch abgestimmt. Und die Sitzplätze sind lockerer aufgereiht als einst – kein Wunder: der Grosse Rat wurde ja von 200 auf 140 Mitglieder verkleinert.

Andere "Szenerie" im Grossratssaal als früher

Die beiden Randsektoren im Halbrund werden wie einst von der SP (links) und der SVP (rechts) besetzt. Hingegen ist die alte CVP und heutige Mitte von der rechten auf die linke Saalhälfte gerückt und hat die FDP – die leider bedeutend weniger Platz als früher braucht – vom früheren Stammplatz verdrängt. Dem betagten journalistischen Beobachter entging auch nicht, dass die Pressetribünen, die er damals noch mit über einem halben Dutzend Medienleuten teilte, heute fast leer resp. nur noch von zwei Personen des offensichtlich deutlich verstärkten Parlamentsdienstes belegt werden.

An der "Regierungsbank" hat sich hingegen nichts geändert – ausser den Köpfen. Von der Zuschauertribüne aus musste man jedoch wie eh etwas über die Brüstung lehnen, um die fünf Magistraten – so sie vollzählig anwesend gewesen wären – zu beobachten. Das waren sie nicht, weil zumindest am Anfang einzig Geschäfte von Landammann Jean-Pierre Gallati (in der Mitte sitzend) und von Regierungsrat Dieter Egli (als Amtsjüngster ordnungshalber rechts aussen platziert) zur Debatte standen. Von oben herab gesehen, fiel auf, dass sich in die üblicherweise akurate Frisur des Innendirektors bereits einige Grautöne mischten. Ob das die Vorboten der umstrittenen Polizeireform mit der Verschmelzung der Kantons- und Regionalpolizeien sind?

 

Hans-Peter Widmer, ehem. Grossrat und Redaktor, Hausen